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Das Schicksal der vergessenen Wolfskinder aus Ostpreußen

20. August 2022
Ostpreußische Kinder, die im Zweiten Weltkrieg ihre Eltern verloren hatten, wurden als „Wolfskinder“ bezeichnet, denn sie mussten sich allein durchschlagen – die meisten kamen im Baltikum in neue Familien, andere wurden in Heimen in der DDR untergebracht. Doch bis heute werden die vergessenen Kinder auch weiterhin vergessen: Als Opfergruppe des Zweiten Weltkrieges wurden sie bisher für Entschädigungen kaum berücksichtigt, stattdessen werden sie kleinlich und bürokratisch behandelt.

Begriffserklärung

Als Wolfskind wird in der Wissenschaft jeder junge Mensch bezeichnet, der in jungen Jahren isoliert von anderen Menschen aufwächst und sich daher von sozialisierten Kindern im erlernten Verhalten unterscheidet. Oft können diese Kinder zudem nicht sprechen. Die Bezeichnung geht auf die Legende von der Gründung Roms zurück, in der die Jungen Romulus und Remus durch eine Wölfin aufgezogen wurden.

Vertreibung aus Ostpreußen

Die Bezeichnung Wolfskinder im Bezug auf den Zweiten Weltkrieg thematisiert die Kinder, welche nach der Schlacht um Königsberg (06.-09.04.1945) sowie anderen Kriegsfolgen zeitweise oder dauerhaft elternlos wurden. Sie wurden meist in das Baltikum und dort vorrangig nach Litauen vertrieben oder aufgetrieben und bewusst nach dorthin gebracht.

Ein Leben in der Fremde

Vor allem die jungen Kinder wurden von litauischen Familien aufgenommen – jedoch meist nicht ohne Risiko für die Familie an sich. Von daher wurde alles Deutsche vernichtete: Der deutsche Name wurde in einen litauischen verändert, mögliche Andenken an die bisherige Familie wie Briefe oder Bilder vernichtet und die Kinder mussten schnell Litauisch lernen und durften kein Deutsch mehr sprechen. Nur so konnten sie in einer deutsch-feindlichen Umgebung überleben. Wer nicht fliehen konnte und vom sowjetischen Militär aufgegriffen wurde kam in Heime unter, ein Teil wurde in die sowjetische Besatzungszone – die spätere DDR – gebracht und dann, sofern sie die Fahrt in den Güterwaggons ohne Nahrung und mit nur wenig Wasser überlebten, an linientreue Kommunisten als Adoptivkinder vermittelt.

Die Wolfskinder in der heutigen Zeit

Die Schicksale der Wolfskinder wurden lange nicht beachtet und nach der Unabhängigkeit Litauens wurden den Betroffenen der deutsche Pass verweigert, denn dadurch, dass sie Ostpreußen verlassen haben, hätten sie auf ihre deutsche Staatsbürgerschaft verzichtet. Wer dennoch das komplizierte und langwierige Einbürgerungsverfahren auf sich nahm, erkannte bald, dass Deutschland nicht Ostpreußen und somit auch nicht die Heimat war – viele kehrten wieder nach Litauen zurück.

Doch dank der wissenschaftlichen Aufbereitung des Themas beispielsweise durch die Historikerin Ruth Leiserowitz und der Digitalisierung in der Familienforschung können manche Wolfskinder auch ihre Familienangehörige wiederfinden und so wenigsten einen Teil der verlorenen Heimat zurückerhalten. Im litauischen Mikytai gibt es seit 1992 das Wolfskinder-Denkmal für ostpreußische Mädchen und Jungen, die im Zweiten Weltkrieg oder während der Flucht zu Waisen wurden.

Das Wolfskinder-Denkmal in Mikytai

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4. September 2024
Während bis ins 18. Jahrhundert so genannte Personenstandsfälle wie Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle ausschließlich bei der zuständigen Kirche gemeldet und in Kirchenbüchern eintragen wurden, führte Napoleon Bonaparte mit dem 1804 veröffentlichten Code Civil in den französischen Gebieten das Zivilrecht ein. Damit mussten Personenstandsfälle nun auch bei entsprechenden Ämtern gemeldet werden. In Deutschland wurden die ersten Standesämter bis 1808 im französisch besetzten Rheinland eingeführt, das Älteste ist von 1792. Diesem Beispiel folgten nach und nach die andere deutschen Staaten so beispielsweise 1870 das Großherzogtum Baden, ab dem 1. Oktober 1874 Preußen und am 01.01.1876 das restliche Gebiet des Deutschen Kaiserreiches. Jede kreisfreie Stadt sowie jeder Landkreis haben heute ein eigenes Standesamt, während in Großstädten oft in jedem einzelnen Stadtteil ein Standesamt eingerichtet ist. Die Aufgaben sind jedoch überall gleich: gemeldete Geburten und Sterbefälle werden im jeweiligen Geburts- bzw. Sterberegister eingetragen und eine Urkunde über den Vorfall ausgestellt. Darüber hinaus werden die Eheschließungen durchgeführt und ebenfalls im Register erfasst sowie die Heiratsurkunde dem Brautpaar übergeben. Bis Ende 2008 existierten darüber hinaus in Baden-Baden, Berlin, Hamburg und München Hauptstandesämter für Personenstandsfälle, bei denen das Ausland betroffen war. Aufgrund der wechselhaften Geschichte Deutschlands wurden einst selbstständige Gemeinden zu Landkreisen zusammengefasst oder in größere Städte eingemeindet. Zudem werden die Register oft nach der Schutzfrist (Geburten 110 Jahre, Eheschließungen 90 Jahre und Sterbefälle 30 Jahre) vom Standesamt an das zuständige Stadt- oder Landesarchiv übergeben. Eine gute Hilfestellung bieten daher die Ortsartikel auf GenWiki, wo Familienforschende ihre Rechercheergebnisse dokumentiert haben. Quelle: wikipedia
21. August 2024
Wer kennt das nicht: man findet Familienfotos, unsortiert und undatiert und muss nun versuchen mühsam die abgebildeten Personen zu identifizieren und das Entstehungsjahr einzuschätzen. Für letztes gibt es nun ein hilfreiches Tool auf MyHeritage – der PhotoDater. PhotoDater ist eine künstliche Intelligenz, die allen MyHeritage Nutzenden zur Verfügung steht. Das System wurde mit zehntausenden historischen Fotos trainiert und kann die Entstehungszeit anhand von Möbeln, Kleidern, Frisuren, Gesichtsbehaarung und anderen Objekten einordnen. Laut Anbieter ist eine Einordnung in den Zeitraum zwischen 1860 und 1990 möglich. Als Nutzender von MyHeritage muss das Bild zunächst in das persönliche Fotoalbum geladen werden. Sobald das Bild angeklickt wird, startet PhotoDater im Hintergrund automatisch und gibt eine Schätzung des Aufnahmedatums ab, sobald genügend Informationen im Motiv gefunden wurden. Klickt man nun das geschätzte Aufnahmedatum an, werden Informationen zu möglichen Abweichungen und der Zuverlässigkeit angezeigt. Sofern das Foto eine schlechte Qualität hat oder die abgebildeten Personen und Gegenstände unscharf sind, kann keine Aufnahmeschätzung abgegeben werden. Weitere Informationen finden sind im MyHeritage Blog. Quellen: Computergenealogie 4/2023 und blog.myheritage.de/2023/08/photo-dater/
7. August 2024
Pizza und Pasta vom Lieblingsitaliener an der Ecke – na klar, die italienische Küche ist aus keiner deutschen Stadt mehr wegzudenken. Über eine halbe Millionen Menschen mit italienischer Staatsbürgerschaft leben in Deutschland. Weit mehr wurden in den letzten Jahrzehnten eingebürgert oder haben italienische Vorfahren, ohne es bisher zu wissen. Denn schon früh begannen italienische Kaufleute, Baumeister oder Handwerker ihre Heimat zu verlassen und sich in anderen Ländern anzusiedeln. Auch Deutschland war ein beliebtes Auswanderungsgebiet, aber auch die USA, Uruguay und Argentinien war für Italiener ein Ziel, um der alten Heimat zu entfliehen und neu anzufangen. Das Interesse an der Familienforschung in Italien war bisher eher geringer, erst in den letzten Jahrzehnten hat die Ahnenforschung dort an Popularität hinzugewonnen. Neben FamilySearch, Ancestry und MyHeritage erschließen heute auch immer mehr Freiwillige die Kirchenbücher und Personenstandsregistern der italienischen Archive. Antenati (antenati.cultura.gov.it) ist das digitale Archivportal der staatlichen Register, wo in zahlreichen Archiven und Zentralinstituten nach Familiennamen, Orte oder anhand von Daten gesucht werden kann. Hat man einen Treffer, dann ist der Weg zur Urkunde oder dem Dokument geebnet, auch wenn bisher erst ein kleiner Teil der Urkunden digital erschlossen ist. Freiwillige zum Indexieren der bisher noch nicht erschlossenen Dokumente werden immer noch gesucht. Das moderne Italien ist in 20 Regionen unterteilt, wobei fünf einen Sonderstatus haben wie beispielsweise die autonome Region Trentino-Südtirol. Die Regionen wiederum sind in Provinzen und Metropolitanstädte unterteilte und unterhalten heute eigene Archive. Bei der Recherche ist darüber hinaus wichtig, die drei historischen Perioden zu unterscheiden, in denen je nach Region die moderne Personenstandsregistrierung eingeführt wurde: Die erste sogenannte napoleonische Zivilstandsregistrierung wurde 1806-1815 nach dem Abzug der Franzosen angeordnet, zwischen 1815 und 1865 in der Zeit der Restauration jedoch wieder abgeschafft und in die Hände der Pfarrer übergeben, bis 1865 die staatliche Personenstandserfassung eingeführt wurde. Um hier den Überblick zu behalten kann ItalianParish Records (www.italianparishrecords.org) helfen, wo bereits zahlreiche Links zu Indexdateien von Kirchenbüchern und Personenstandsregistern zu finden sind. Quellen: Computergenealogie 2/2023
24. Juli 2024
Seit Februar 2018 können türkische Staatsbürger über eine Regierungswebsite online nach ihren Vorfahren recherchieren. Doch das Thema Familienforschung löst nicht nur Freude und Euphorie aus, sondern ist auch ein politisches Streitthema. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges zerschlugen die Alliierten das türkische Sultanat, sodass Teile des Landes von da an unter fremder Verwaltung standen. Mustafa Kemal, der Vater der modernen Türkei, organisierte den Widerstand und vertrieb die Griechen von der Westküste der heutigen Türkei. Er erreichte, dass das Land 1923 seine Souveränität zurückerhielt, und wurde der erste Präsident. Er trennte nicht nur Religion und Staat voneinander, sondern schaffte die arabische Schrift 1928 zugunsten der lateinischen ab und führte die staatliche Eheschließung ein.
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Wer heute in Berlin-Wittenau unterwegs ist, findet an der Oranienburger Straße einen parkähnlichen Garten mit einzelnen Bauten, in dem seit über 100 Jahren die Nervenklinik Karl-Bonhoeffer untergebracht ist. Die Geschichte der Anstalt ist wechselhaft und schwankt zwischen Schrecken und Hoffen …  1869 erwarb die Stadt Berlin das nördlich gelegene Gut Dalldorf mit dem Ziel hier die städtische „Irrenanstalt“ zu errichten. Hermann Blankenstein, Berliner Stadtbaumeister, wurde beauftragt, die „Irren- und Idiotenanstalt der Stadt Berlin zu Dalldorf“ zu entwerfen und zu bauen. Blankenstein ließ mehrere Einzelgebäude aus rotem Ziegelstein errichten, darunter das Haupt- und Verwaltungsgebäude, die Krankenhausgebäude, das Maschinenhaus, den Wasserturm sowie Wäscherei und Werkstätten. Außerdem ließ er einen Landschaftspark anlegen, sodass die Patienten im Grünen und mit mehr Freiraum, als es die innerstädtische Einrichtung zuließ, schneller zu genesen. Denn nicht nur die Anlage entsprach der Modernen, auch der Umgang mit den Patienten wurde modernisiert. Statt die Kranken in gefängnisähnlichen Bauten wegzusperren, entwickelten Psychiater der Charité Methoden der sogenannten freien Behandlung. Dabei wurde auf Zwangsjacken, Stuhl- und Bettfesseln verzichtet: Stattdessen wurden die arbeitsfähigen Patienten aufgemuntert in den Werkstätten des Hauses oder in den umliegenden Gärten zu arbeiten sowie Ausflüge und Feste organisiert. Besucher konnten jederzeit empfangen werden. Um eine Abgrenzung von der Nervenklinik zu erzielen, forderten die Einwohner Dalldorfs 1925 eine Umbenennung ihres Dorfes in Wittenau, der Name wurde später jedoch auch von der Nervenklinik übernommen. Die Nationalsozialisten hatten eine Ideologie und Politik, die von der menschenverachtenden Rassenlehre geprägt waren. Die arische Rasse sollte vor „minderwertigen“ Rassen geschützt werden, wozu auch psychisch kranke oder behinderte Menschen nach Ansicht der Nationalsozialisten gehörten. Auch wenn gezielte Tötungen von Menschen in Nervenheilanstalten nicht nur in Wittenau bereits nach dem Ende des Ersten Weltkrieges vermutet, jedoch bisher nicht nachgewiesen sind, fanden diese ab 1933 nun gezielt statt. Diese Euthanasie-Morde wurden bis 1945 zunehmen systematischer durchgeführt. In den Wittenauer Heilstätten wurden selbst keine Massenermordungen durchgeführt, jedoch Transporte nach Obrawalde in Posen von Patienten veranlasst, die dort ums Leben kamen. Auf dem Anstaltsfriedhof wurden zwischen 1880 und 1958 in der Klinik verstorbene Patienten sowie auf eigenem Wunsch auch Pflegekräfte und Ärzte beigesetzt. Hier liegen vermutlich auch Tausende in der NS-Zeit Verstorbene begraben. Der Freundeskreis Alter Anstaltsfriedhof und der Verein totgeschwiegen bemühen sich seit den 1990er Jahren um Aufarbeitung dieser dunklen Vergangenheit. 1945 befreiten russische Soldaten Wittenau und somit auch die Anstalt. Nach der Teilung Berlins waren die Wittenauer Heilstätten lange Zeit neben der Psychiatrischen Klinik der Charité das einzige psychiatrische Krankenhaus in West-Berlin. 1957 folgte die Umbenennung in Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik. Seit 2026 ist auf dem Gelände die psychiatrische Ambulanz, die Vivantes-Verwaltung sowie mehrere Tochterfirmen und das Krankenhaus des Maßregelvollzuges untergebracht. Außerdem sind Teile des Geländes an Vereine, Institute und Privatunternehmen vermietet. Quelle: Broschüre des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin & wikipedia
26. Juni 2024
Im Mittelalter entwickelten sich immer mehr größere Ansiedlungen, die nach und nach das Stadtrecht erhielten. Gab es um 1100 in Mitteleuropa nur einige hundert Städte, kam es in den folgenden 250 Jahren aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwunges zu immer mehr Stadtgründungen. Da sich die Bewohner hier nicht mehr selbst versorgten, sondern durch Handwerk, Handel oder Verwaltungsarbeiten ihren Lebensunterhalt verdienten, wurde es notwendig, einen Überblick zu erhalten, wie viele Bürger mit Nahrungsmittel und Waren versorgt werden musste, wie viele Wehrpflichte zur Verfügung standen und vor allem wie hoch die zu erwarteten Steuereinnahmen sein würden. Daher wurden Personenverzeichnisse angelegt über den Teil der städtischen Bevölkerung, die das Bürgerrecht und damit einhergehende Bürgerpflichten innehatten. Um das Bürgerrecht zu erhalten, musste man häufig einen gewissen Grundbesitz sowie eine Mindestvermögen vorweisen bzw. einen Einkommensnachweis vorlegen. Außerdem musste das Bürgerrecht durch die Entrichtung eines Bürgergeldes erkauft werden. Damit erhielt man den Status eines Bürgers und hatte das Recht, ein Gewerbe nachzugehen sowie an Wahlen teilzunehmen, jedoch auch die Pflicht Steuern zu zahlen und im Verteidigungsfall seinen Beitrag zu leisten. Heute gibt es Bürgerbücher meistens nur noch für Ehrenbürgerschaften, wenn sich Personen besonders um ihre Stadt verdient gemacht haben. Bürgerbücher reichen oft zeitlich weit vor die Einführung von Kirchenbüchern und sind daher eine wertvolle Quelle für die Familienforschung. Auch geben sie Auskunft zu Einkommen und Wohlstand der Vorfahren. Jedoch konnten nicht alle Personen aus den oben genannten Gründen das Bürgerrecht erwerben, sodass sie nur einen privilegierten Teil der städtischen Bevölkerung umfassen. Einwohnerlisten sind dagegen vollständiger – wurden jedoch nicht jährlich erhoben. Einen Blick in das Bürgerbuch kann dennoch nicht schaden. Quelle: Computergenealogie 3/2023 & wikipedia